Dienstag, 19. September 2006

Eines wird mir hier sicher nicht fehlen, wenn ich morgen wieder nach Hause fliegen werde, und das ist dieser Lärm hier. Wenn es doch mal ein klein wenig ruhiger ist in dieser Stadt, die scheinbar niemals schläft, dann ist irgendein Hund am kläffen und das tut der kleine, der bei uns im Haus wohnt, gerade wieder mal unaufhörlich. Zusammen mit den ganzen anderen Kläffern in der Nachbarschaft.
Ebenfalls froh bin ich, wenn ich mal wieder eine Sprache höre, die ich auch verstehe. Und das ist hier ja nur eingeschränkt der Fall.
Am Samstag sind wir mit Daniel nach Indaiatuba gefahren, um dort Neli und Fernando zu besuchen. Das war ein interessanter Ausflug in den Norden des Staates Sao Paulo. Erstaunlicherweise gibt es da eine Autobahn, die sich durchaus mit unseren Standards messen kann. Die heisst dann sogar Autoban (ohne H) und ist quasi privat betrieben, deswegen muss man da auch Maut zahlen. Aber der Qualität der Strasse schadet das auf keinen Fall. Der Name kommt von der Firma (Automoveis Bandeirante oder so ähnlich, abgekürzt eben Autoban).
Im Norden Sao Paulos blüht gerade ein kleines Wirtschaftswunder, da gibt es viele nagelneue Industriegebiete, wo man so einige Namen sieht, die man aus Deutschland kennt. Bosch natürlich genauso, wie Benteler oder auch andere Firmen aus dem europäischen Ausland. Viele Paulistas verlassen inzwischen auch die Stadt Sao Paulo wieder um in den Norden zu ziehen, da gibt es deswegen eine Menge Städte, die am blühen sind. Indaiatuba hat 230.000 Einwohner und ist damit nach unseren Verhältnissen durchaus gross einzustufen, hier allerdings doch eher beschaulich. Durch diese Entwicklung wird Sao Paulo gerade wieder etwas kleiner, die Nummer 2 sind sie also wahrscheinlich noch nicht. Schaden wird das dieser grossen Stadt aber mit Sicherheit nicht. Eher im Gegenteil.
In einem Vorort von Indaiatuba, der Itaici heisst, wohnen die beiden, und zwar in einem "Condominio Fechada". Das ist quasi eine Reihenhaussiedlung wie bei uns, sogar mit einem vergleichbaren Standard, allerdings mit einer riesigen Mauer drumherum und hinein kommt man nur durch einen Schlagbaum. Für die Sicherheit der Bewohner wird also etwas getan. Die Wohnung der beiden ist nach europäischem Standard eingerichtet (was jetzt kein Wunder ist, vieles davon stammt ja aus Deutschland). Der Fernseher allerdings funktioniert nicht, weil Brasilien wohl einen anderen PAL-Standard hat als Deutschland. Die Aufteilung der Wohnung ist ebenfalls so, wie man es bei uns erwarten könnte. Insgesamt recht schön.
Wir sind dann, nachdem wir ein Bierchen zur Einstimmung getrunken haben (das Bier hier ist mit dem in Deutschland allerdings kaum zu vergleichen), noch in die Stadt gegangen. Zuerst haben wir eine Geburtstagsparty kurz besucht, eine bekannte von den beiden hatte Geburtstag, und da konnte man wieder die Gastfreundschaft der Brasilianer bewundern. Wir waren ja eher Fremde, das hat aber keinen gestört. Im Gegenteil, man ist sofort mitten drin im Geschehen. Das ist schon ganz anders, wie bei uns, wo man stundenlang neben der gleichen Person stehen kann, ohne dass ein Wort gewechselt wird.
Danach sind wir dann noch in eine Bar. In Brasilien bestellt nicht unbedingt jeder selbst was, sondern man bestellt Portionen, die man sich dann quasi teilt. So haben wir es da dann auch gehalten. Nach einer recht kurzen Nacht (Neli musste leider arbeiten - am Sonntag!) sind wir dann am Sonntag recht früh wieder Richtung Sao Paulo gefahren. Die Fahrt habe ich aber glatt verschlafen. Irgendwie war das doch recht ermüdend.
Nachdem ich noch etwas mehr Zeit mit Schlafen auf dem Sofa verbracht habe, sind wir zu Anas Bruder gegangen. Natürlich gab es wieder "almoco", also Mittagessen, diesmal allerdings sogar "Churrasco", also Grillparty, bei Flavio. War schon klasse, aber langsam hängt mir die Esserei hier zum Halse raus (und das von mir - da kann man in etwa ermessen, wie das hier ist ;-)). Bei einem normalen Mittagessen, gibt es da nicht nur mal eben ein klein wenig Fleisch mit ein klein wenig Beilagen, nein, es gibt eigentlich alles auf einmal. Reis, Kartoffeln, Fechoa (schwarze Bohnen), Gemüse, Lasagne und Pasta darf natürlich ebenfalls nicht fehlen und Unmengen von Fleisch. Irgendwie ist das für europäische Mägen auf Dauer einfach nicht gut. Aber ab morgen wird gefastet (und erstaunlicherweise freue ich mich da regelrecht drauf ... ). Übrigens haben wir am Samstag auch Fechoada gekriegt, das ist das traditionelle Gericht hier, quasi Bohneneintopf, aber mit einer reichhaltigen Fleischbeilage. Sehr gut, aber genauso wie alles hier viel zu viel, denn natürlich geht das alles nicht ohne Reis und sonstige Beilagen ... Das Fleisch ist auch deutlich Fetthaltiger, als das bei uns inzwischen so der Fall ist. Fechoada ist übrigens kein Fechoa, das sind nur Bohnen. Fechoada isst man eher in der kalten Jahreszeit und zwar gerne auch am Wochenende, nach dem Genuss desselben war mir auch klar, warum. Ohne Mittagsschlaf geht das dann nämlich nicht, das macht einen richtig fertig :-).
Nach der Grillparty war ich dann am Sonntag eigentlich fertig genug, aber das wars noch nicht. Ich hab ja noch kaum Freunde von Ana kennengelernt, das sollte dann am Sonntag Abend geändert werden. Sind zwar nur vierzehn zusammengekommen und mir wurde versichert, dass das eigentlich gar nix ist, aber immerhin ...
Tja, und das ist natürlich auch alles anstrengend, weil das alles auf portugiesisch abläuft. Erstaunlicherweise verstehe ich inzwischen schon einiges und kann auch genug sagen, aber es ist trotzdem langsam anstrengend. Und an diesem Sonntag abend, war es dann wirklich fast zuviel für mich. Als wir gegen halb zwölf dann doch mal zu Hause waren, war ich richtig froh. Ich bin ins Bett gefallen und war nicht mehr ansprechbar ... Bin froh, wenn ich mich in Deutschland im "Alltag" dann doch wieder erholen kann ... ;-).

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